Nachruf zum 25. Todestag
(Ein österreichischer Erfinder.) Vor wenigen Tagen sind es fünfundzwanzig Jahre geworden, seitdem Professor Josef Petzval, der Erfinder des Porträtobjektives, aus dem Leben schied. Er war eine echt österreichische Erscheinung und hatte das Schicksal vieler unserer hervorragenden Talente, die den vollen Erfolg ihrer Ideen und Arbeiten nicht erlebten und als Verkannte dahingingen. Dr.Petzval war ein Bahnbrecher auf dem Gebiete der Photographie, hervorragend als Gelehrter, wie er interessant als Mensch war. Durch seine Erfindung bewirkte er, daß seitdem die Expositionsdauer beim Photographieren von mehr als einer Viertelstunde, auf wenige Sekunden herabgemindert wurde. Erst so konnten Porträts mit natürlichem und lebensvollem Ausdruck hergestellt werden. Der Ertrag seiner Erfindung wurde Petzval nicht zuteil, da er sich keinen Anteil am Gewinn sicherte. Er war ein Mann von erstaunlicher Vielseitigkeit des Wissens und der Begabung. Aus den sechziger Jahren rührt von ihm ein Projekt her das Möglichkeit zeigte, neben dem teils offenen, teils verdeckten Wien ­ fluß eine zweigleisige Bahn zu errichten: die Stadtbahn. Ferner rührt von ihm eine Konstruktion von Scheinwerfern her, er konnte aber kein technisches Etablissement finden, das seine Erfindung ausführte. Durch Jahrzehnte hatte Petzval seine Wohnstätte auf dem Kahlenberg im ehemaligen Kamalduenserkloster, wo er auch sein Atelier errichtete. Es wird von ihm erzählt, daß er zur Erholung auf einem Klavier nach einem von ihm erfundenen 34-stufigen Tonsystem spielte. Auch sah man ihn auf einem edlen Araber Hengst oft in die Stadt hinunterreiten um da seine Vorlesungen über reine und angewandte Mathematik zu halten. Petzval erfreute sich als Lehrer großer Beliebtheit, im Revolutionsjahre 1848 spielte er eine Rolle als Kommandant eines „Voltigeurkorps". Er selbst zeichnete sich als Fechtkünstler besonders aus. Petzval wurde am 6. Januar 1807 in einer kleinen Stadt des Zipser Komitats geboren, wo sein Vater Dorfschulmeister war. Durch großen Fleiß und Begabung kam er vorwärts. Als Professor war Petzval in Pest und Wien tätig. Die Universität ehrte sein Andenken durch ein Denkmal. Ein merkwürdiges Schicksal hatte auch sein literarischer Nachlaß der als Heizmaterial verwendet wurde.
Neues Wiener Journal 24. September 1916

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